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Die Unebene

Richter, Armin
Edition M.
ISBN 3-933713-13-7
EUR 10,80

 

Dieses Buch erschien 2003. Anstoß für die Gedichte des Nervenarztes Armin Richter war der welthistorische Umbruch an der Jahrtausendwende. Inzwischen sind es die Mühen der Unebene, denen sein lyrisches Interesse gilt Der Reichtum der metaphorischen Fantasie Richters ist einzigartig in der deutschen Gegenwartslyrik

Zum Inhalt:

Mit wunderbar klaren Bildern zeichnet Armin Richter Ausschnitte unseres Hier und Jetzt. Für Zeitzeugen wie eine Heimkehr, für Außenstehende ein reiches Mosaik, findet man aus dem Bild mühelos heraus beziehungsweise hinein in seine Welt. Faszinierend ist die einladende Tiefe der Betrachtung, die so einfach scheinende Erkenntnis des Seienden. Unbedingte Empfehlung 2003 Zita Mörke

Seit vielen Jahren hat Mecklenburg-Vorpommern einen nachdenklichen Arzt und Dichter. Der Titel des neuen Gedichtbandes von Armin Richter ist mehrdeutig: uneben ist das Zeitgeschehen an der Jahrtausendwende, unbefriedigend scheinen die Dinge in der Gegenwart, und unentschieden sind die Verse des Dichters. Einerseits graut ihm vor der Morgenstunde (Stunde der Exekutionen / Der Preßwehen und ofenwarmen Brötchen), andererseits weiß er um die Chance jedes neuen Tages (Der Morgen ist die Auferstehung des Lichts). Ist für Gottfried Benn (der Psychiater, Pathologe, Haut- und Geschlechtsarzt war) das Dichten ein Ergreifen von Worten aus Spannung, so scheinen die Gedichte an der Jahrtausendwende des Seelenarztes Armin Richter ein Entlasten mit Worten aus Groll zu sein. Sommer heilt die Seele aus wird zum satirischen Sommergenesungswerk

    entstellt in der Mündung
    Der entsicherten Kalaschnikow und bedenklich in der Wallstreet ...
    Gegen die Sturmglocken von Aktienkursen im Atemstillstand.
Hier verrät die Unebene verbalisierter Entfremdung schmerzlich empfundene Verwerfungen der Zeitgeschichte. Tagesschau und Tageszeitung werden zum ungereimten Gedicht. Obwohl der Anfang des Gedichtbandes Zum Weltaufgang ruft, ist der vorletzte Abschnitt apokalyptisch mit Weltenden überschrieben. Ein Jahrhundert nach dem ähnlich betitelten Gedicht von Jakob van Hoddis (1887-1942) gilt somit immer noch Dem Bürger fliegt vom spitzen Kopf der Hut, denken Dichter und Leser tiefer über ihre Gegenwart nach.
Bevor Armin Richter im Epilog des Gedichtbandes mitteilt
    Eine innere Stimme sagt mir
    Male dein Selbstporträt
    Jetzt,
gibt uns das Langgedicht "Fischland" nochmals über neun mit Wortsprengstücken versehenen Seiten zu denken. Doch sind es weniger Sprengstücke als vielmehr gewaltige Worte und Wortverbindungen, die den Leser das gleichermaßen herbe wie schöne Fischland nicht immer erkennen lassen. "Im Namen der Unendlichkeit hält der Verstand den Proportionen die Treue" gilt leider nur andeutungsweise für das bilderreiche Poem. So finden Quadratur des Horizontkreises und Zirkelspagat schwerlich zueinander. Wofür mögen "Segel / Im Amalgam aus Blei und Weißgold" oder "Monogramm der Klaustrophobie" und "Erfüllungsallmacht" stehen, "wenn der Kuckuck als Agitator / Taubblinder Einzelgänger" geschmäht wird? Nicht nur Die Echtzeitnormaluhr ist außer Betrieb, sondern man ist geneigt, auch Störfälle im Egoghetto wörtlich zu nehmen, wird doch das schmale Fischland zwischen Bodden und Meer ungereimt durch Klimaprognostiker und Tarnkappenbomber heimgesucht und überfallen uns dort vermischt Wortklangbilder Duftskulpturen oder gar Entleibte Monster Prothesengötter.
Am Ende bringen auch ausgleichende Windflüchter sowie letzte Welle und Steilufer den betroffenen Rezensenten nicht von der Frage ab, ob der so furchtvoll dichtende Kollege mit seinen phantastischen Autovivisektionen in erster Linie eine "Eigenseelenbehandlung" bezweckt. Vielleicht möchte der Arzt Armin Richter mit seinen unebenen Versen sich (und unter vergleichbarem Seelendruck stehenden Patienten) eine derartige poetische Therapie verordnen. Das verdient gebührende Anerkennung – und für die Gedichte an der Jahrtausendwende viele sympathisch (!) aufgeschlossene Leser. Horst Nizze, Rostock

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